Wie häufig sind das Diffus großzellige B-Zell-Lymphom und die akuter lymphoblastische Leukämie (ALL) in Österreich?
Sie sind mit rund 500 Fällen pro Jahr die häufigsten Lymphome und stellen eine sehr aggressive Erkrankung dar, die normalerweise mit einer Kombination aus Chemotherapie und Immuntherapie behandelt wird. Mit diesem Schema können rund 50 Prozent aller Fälle dauerhaft geheilt werden, die andere Hälfte erleidet einen Rückfall, für den es bislang keine befriedigenden Therapieoptionen gab. Die CAR-T-Zell-Therapie kann bei rund 100 bis 150 Betroffenen aus dieser Gruppe angewendet werden.
Wie funktioniert die CAR-T-Zell-Therapie?
Es handelt sich dabei um eine Therapie, die sich zielgerichtet gegen das Protein CD19 richtet. Bei 90 Prozent aller PatientInnen, die trotz zuvor erhaltener Kombinationstherapie einen Rückfall erlitten haben, kann CD19 auf der Zelloberfläche der Tumoren nachgewiesen werden. Bei der CAR-T-Zell-Therapie (CAR-T steht für chimärer Antigenrezeptor-T-Zellen) werden T-Zellen mittels Blutwäsche entnommen und danach im Labor gentechnisch verändert, indem auf ihrer Oberfläche ein Rezeptor angebracht wird, der an CD19 andocken kann. Im dritten Schritt der Therapie werden diese T-Zellen vermehrt und den PatientInnen mit Hilfe einer Infusion wieder verabreicht. Die veränderten T-Zellen können die Tumoren nun erkennen und sie in Folge vernichten. Da die T-Zellen im Körper verbleiben und sich weiter vermehren, können sie langfristig neu auftretende Krebszellen mit dem Oberflächenmerkmal CD19 ebenfalls erkennen und vernichten. Den Betroffenen wird – entsprechend der personalisierten Medizin bzw. Präzisionsmedizin – immer das eigene, genveränderte Blut zurückgeführt.
Ist jeder Betroffene für die CAR-T-Zell-Therapie geeignet?
Theoretisch ja – nur hat die Therapie in manchen Fällen keine positiven Effekte mehr. Daher werden jene Betroffenen, die für diese Behandlung in Frage kommen und bei denen es Hoffnung gibt, dass er oder sie davon auch wirklich profitiert, mit einem exakten Algorithmus ermittelt und selektiert. Das sind rund 100 Fälle in Österreich pro Jahr.
Warum wurde jetzt ein österreichweites Netzwerk gegründet?
Die CAR-T-Zell-Therapie wird in Österreich seit 2016 in Studien und seit 2019 in der Routine angewendet. Sie wird in den sechs am CAR-T Cell Network beteiligten Zentren schwerpunktmäßig angeboten – daher ist jetzt eine flächendeckende Anwendung in Österreich möglich. Das engmaschige Netzwerk und die Kooperation sollen insbesondere in der Forschung dafür sorgen, dass das Potenzial der Therapie noch besser als bisher ausgeschöpft werden kann, um noch mehr PatientInnen eine neue Hoffnung geben zu können. Die Konzentration auf sechs Zentren bringt auch den Effekt mit sich, dass jedes für sich relativ hohe Fallzahlen vorweisen und damit die eigene Expertise weiter schärfen kann. Das Netzwerk ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch Kooperation auf allen Ebenen der österreichischen Bevölkerung eine teure und aufwändige Therapie flächendeckend zur Verfügung gestellt werden kann.
Für welche Erkrankungen kommt die CAR-T-Zell-Therapie derzeit als Behandlungsform in Frage?
Einerseits für das Diffus großzellige B-Zell-Lymphom und andererseits für die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) im Kindesalter bis zum 25. Lebensjahr. Die ExpertInnen rechnen damit, dass das Behandlungsspektrum bald auf weitere Erkrankungen – nicht nur im lymphatischen System – ausgeweitet werden kann. Ziel der derzeitigen Forschungen ist es, die CAR-T-Zell-Therapie künftig bei allen Krebsarten einsetzen zu können. Die Entwicklung der für die jeweilige Krebsart maßgeschneiderten Sensoren (CARs) steht jedoch noch vor großen Herausforderungen.